Immer wieder erstaunlich, wie schnell die Zeit doch vergeht. Am Samstag steht schon das letzte Spiel der Saison an. Nach knapp fünf Monaten in China ist es an der Zeit, ein erstes Fazit zu ziehen. Daher das Wichtigste vorweg: Seit Mittwoch wissen wir, dass der Klassenerhalt auf jeden Fall gesichert ist. Bis dahin war es ein langer und nicht immer ganz einfacher Weg. Als Felix Magath Shandong Luneng mitten in der Saison übernahm und mich mit ins Boot holte, hing das Team im Tabellenkeller und die Zukunft war ungewiss. Seither hat er die Mannschaft praktisch komplett neu aufgestellt und formiert. Über weite Strecken funktioniert das Zusammenspiel in der neuen Konstellation reibungslos. Allerdings konnte ich auch in der CSL, wie schon damals in der Bundesliga, beobachten, dass jeder Spieler sich auch mal im Spiel schont und dadurch Torchancen und Siege vergeben werden.
Deutsche Tüchtigkeit und chinesische Gelassenheit
Seit mein erster Kulturschock überwunden ist, genieße ich die Zeit im Land der Mitte in vollen Zügen. Wie freundlich alle Menschen hier sind, kann ich gar nicht oft genug betonen. Auch der Betreuerstab und die Spieler haben mich sofort in ihrer Mitte aufgenommen. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, habe ich nicht, wie manchmal in Deutschland, das Gefühl, als Dienstleister aufzutreten, sondern bin vielmehr ein unentbehrlicher Teil des Teams. Auf der anderen Seite vermisse ich manchmal die Genauigkeit und Pünktlichkeit der Deutschen. Da ich in meinem Job sehr akkurat und gewissenhaft arbeiten muss, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, nehme ich mir gerne ausreichend Zeit für alle Spieler. Kommt nur einer zu spät, wirft das natürlich meinen kompletten Tagesplan durcheinander. Dahingehend musste ich mir die Spieler hier also erstmal ein wenig erziehen. Dafür haben sie mir auch ein gewisses Maß an Ruhe und Gelassenheit beigebracht. In Zukunft werde ich versuchen, diese Grundentspannung mit in meinen Praxisalltag zu übernehmen und gewisse Dinge einfach ein wenig lockerer zu sehen.
Wie stark der Teamzusammenhalt inzwischen ist, zeigte sich wieder einmal am Mittwochabend nach dem Spiel. Nachdem wir alle Spielergebnisse der anderen Mannschaften erfahren hatten, wurde jedes erdenkliche Szenario durchgerechnet, das am letzten Spieltag noch eintreten könnte. Sieg, Unentschieden oder Niederlage, wir bleiben auf jeden Fall in der ersten Liga – dieser Triumph gebührt dem gesamten Team. Wie gut das Zusammenspiel der Mannschaft ist, lässt sich direkt aus dem Spielverlauf ablesen – oder auch mit Toren beziffern. Die Arbeit der medizinischen Betreuer, des Trainerteams und übrigen Stabs zeigt sich in eben solch langfristigen Erfolgen. Damit ist die Pflicht erledigt, nun folgt die Kür. Am Samstag treffen wir auswärts auf den Tabellenersten. Den Meistertitel hat GE zwar schon sicher, den Sieg werden wir ihnen aber mit Sicherheit nicht so einfach schenken. Also dürfen gerne alle noch ein letztes Mal die Daumen drücken für diese Herausforderung zum Saisonabschluss.